21.07.08

ClubMed

Vor einer Woche wurde in Paris die Union für das Mittelmeer gegründet. Eigentlich gibt es ja nur 22 Anrainerstaaten an das Mittelmeer, trotzdem haben 43 Länder das Abkommen unterzeichnet. Und obwohl Österreich ein reiner Binnenstaat ist, sind wir als Mitglied der EU voll mit dabei.

Immerhin war Österreich in seiner Geschichte ja auch nicht immer ein Binnenland:
In der Mitte des 14. Jahrhunderts fiel der Hauptteil der Krain (heute: Slowenien) an die Habsburger. Später kauften sie die Herrschaft Postojna dazu und 1382 schließlich schloss sich Triest (angeblich freiwillig) Österreich an. Damit hatte die Donaumonarchie seinen Zugang zum Meer.
Bis 1918 gehörte Triest zu Österreich-Ungarn und war die Hauptstadt des immer größer werdenden Österreichischen Küstenlandes (das heutige Istrien) und Österreich lag somit an der Adria. (Noch heute liegt am Molo Sartorio in Triest der Pegel, auf den sich unsere Höhen über Adria beziehen).
Rijeka (Fiume) gehörte vom 16. Jahrhundert bis 1918 mit kurzen Intermezzi zu Österreich, Dalmatien war von 1797 bis 1918 ein österreichisches Kronland an der Adria. Für einige Zeit war sogar Venedig – ebenfalls an der Adria gelegen – unter österreichischer Herrschaft.

Bis 1918 konnte man also ruhig behaupten, Österreich liege am Meer.

Das Adriatische Meer selbst ist ja nur ein Teil des Mittelmeers; ans "richtige" Mittelmeer hatte das historische Österreich aber ebenfalls eine Anbindung:
1714 fiel Sardinien an die österreichische Linie des Hauses Habsburg und wurde 1720 gegen Sizilien eingetauscht, das von da an gemeinsam mit dem Königreich Neapel eine Zeit lang zu Österreich gehörte.

Neben Adria und Mittelmeer konnte man in Österreich auch in die Nordsee schwimmen gehen (sofern man die eher kühlen Wassertemperaturen von nicht viel mehr als 20° nicht scheute):

Nach dem Spanischen Erbfolgekrieg kamen die bis dahin Spanischen Niederlande (das Gebiet des heutigen Belgien und Luxemburg) an die österreichische Linie des Hauses Habsburg und blieben bis 1797 als Österreichische Niederlande bei Österreich. Dann wurden sie mit Frankreich gegen Venetien getauscht (siehe oben). Aber immerhin: Für rund 80 Jahre hatte Österreich auch einen direkten Zugang zur Nordsee. (Wenngleich man zum Beispiel von Wien aus nicht direkt in die Österreichischen Niederlande reisen konnte, sondern durch Preußen fahren musste).

Aber wie gesagt, das ist alles Schnee von gestern.
Mittlerweile ist Österreich wieder nur mehr einer unter 15 Binnenstaaten Europas. Trotzdem wäre es durchaus möglich, von Österreich aus ins Mittelmeer oder die Nordsee zu schwimmen oder sich mit einem Boot ausschließlich auf dem Wasserweg in eines dieser beiden Meere fortzubewegen:

Man könnte an einem beliebigen Fluss in Österreich beginnen; die Wahrscheinlichkeit ist ca. 97%, dass er in die Donau mündet. Diese endet bekanntlich im Schwarzen Meer, von wo man durch den Bosporus ins Marmarameer schwimmen könnte. Das Marmarameer wiederrum kann man durch die Dardanellen wieder verlassen und landet im Ägäischen Meer. Die Ägäis ist bereits ein Teil des Mittelmeeres.

Der Weg zur Nordsee ist es etwas kniffliger, weil man einen der wenigen Flüsse in Österreich finden muss, die in den Rhein oder die Moldau münden.
Zuflüsse zum Rhein findet man in Vorarlberg; Zuflüsse zur Moldau im Waldviertel (Niederösterreich) und Mühlviertel (Oberösterreich).
Vom Rhein geht’s direkt in die Nordsee; die Moldau mündet zunächst in die Elbe, und diese dann bei Cuxhaven auch wieder in die Nordsee.

Letztendlich sind sowohl Nordsee als auch Mittelmeer Teile des Atlantischen Ozeans. Die vier anderen Ozeane der Erde (Nordpolarmeer, Indischer Ozean, Pazifik und Südpolarmeer) sind etwas weiter von Österreich entfernt, aber auch nicht unerreichbar… (Fortsetzung folgt).

11.07.08

Bundeskanzlerei

Gestern haben die österreichische Bundesregierung und der Nationalrat einen vorgezogenen Wahltermin abgesegnet. Der noch amtierende Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat gleichzeitig betont, dass er danach aus der Politik aussteigen werde. Damit wird er jedenfalls unter allen Bundeskanzlern der 2. Republik derjenige mit der kürzesten Amtszeit sein.
Nur für den Fall, dass nach der Wahl am 28. September 2008 die Verhandlungen über eine neue Bundesregierung länger als bis zum 2. Jänner 2010 dauern und Gusenbauer bis dahin mit der Fortführung der Regierung betraut wird, hätte er noch Chancen, Alfons Gorbach zu überholen, der mit 1087 Tagen bisher die kürzeste Kanzlerschaft innehatte (vom April 1961 bis zum April 1964).

Die längste Amtsperiode eines österreichischen Bundeskanzlers war unangefochten die von Bruno Kreisky; sie dauerte 4781 Tage, also etwas mehr als 13 Jahre (1970-1983). An zweiter Stelle liegt Franz Vranitzky mit 3878 Tagen (1986-1997); Bronze geht an Julius Raab (2931 Tage, 1953-1961).

Gusenbauer wird übrigens der bisher einzige Bundeskanzler sein, der bei Beendigung seines Amtes unter 50 Jahre alt ist. Dennoch war er nicht der jüngste Bundeskanzler der Geschichte der 2. Republik. Das war Leopold Figl, bei seinem Amtsantritt am 20.12.1945 gerade einmal knapp über 43 Jahre alt.

Zwei der bisher 10 Bundeskanzler Österreichs waren bei Amtsantritt bereits über 60 Jahre alt, nämlich Julius Raab (61 Jahre) und Alfons Gorbach (62). Kreisky war mit 59 Jahren ganz knapp drunter, gleichzeitig aber der bisher einzige Kanzler, der (während seiner Amtszeit) den 70er überschritt und erst mit 72 Jahren sein Amt niederlegte.

Fünf der zehn Kanzler der 2. Republik sind bereits verstorben, aber kein einziger starb während seiner Amtszeit. (Im Gegensatz übrigens zu 5 von 8 Bundespräsidenten).
Am ältesten wurde Josef Klaus, der im Jahre 2001 nur 20 Tage vor seinem 91. Geburtstag starb. Der älteste noch lebende (Ex-)Kanzler ist Fred Sinowatz, der 2009 seinen 80er feiern wird.

Vier bisherige Kanzler sind geborene Wiener: Kreisky, Vranitzky, Klima und Schüssel.
Zwei wurden in St. Pölten geboren: Raab und Gusenbauer; Figl ist ebenfalls Niederösterreicher.
Jeweils einen Kanzler steuerten Tirol (Gorbach), Kärnten (Klaus) und das Burgenland (Sinowatz) bei.
Vielleicht kommt der nächste Kanzler (oder sogar die erste Kanzlerin!) ja aus einem der anderen vier Bundesländer.

Leopold Figl kommt übrigens aus dem kleinsten aller Geburtsorte eines österreichischen Bundeskanzlers: Rust im Tullnerfeld, 454 Einwohner bei der Volkszählung 2001 (die Einwohnerzahl zur Zeit seiner Geburt (1902) ist mir leider nicht bekannt).

Und: Keiner der österreichischen Bundeskanzler ist an einem Samstag geboren, die meisten sind „Montags-Kinder“ (Klaus, Vranitzky, Gusenbauer).
Dafür scheint der Mittwoch ein ganz schlechter Tag für den Amtsantritt eines Kanzlers zu sein, das ist nämlich noch nie vorgekommen. Beliebte Tage für Amtsantritte sind Dienstag und Donnerstag (je 4 mal), zur Not auch noch Montag und Freitag (je 1 mal).

Gleichmäßig verteilt war bisher übrigens die Parteizugehörigkeit der österreichischen Bundeskanzler mit jeweils 5 ÖVP- und 5 SPÖ-Kanzlern.

Fred Sinowatz hat sich als einziger Bundeskanzler keiner (Nationalrats-)Wahl gestellt.
Leopold Figl, Josef Klaus und Bruno Kreisky waren die einzigen, die eine absolute Mehrheit erreichten: Kreisky gleich dreimal (1971, 1975 und 1979, jeweils über 2.3 Mio Stimmen und über 50% an Stimmen und Mandaten). Zuvor hatte bereits bei der ersten Wahl der 2. Republik die ÖVP (Figl) mit 49.8% die absolute Stimmenmehrheit knapp verfehlt aber eine absolute Mandatsmehrheit erreicht. Auch Josef Klaus erreichte 1966 mit 2.2 Mio Stimmen zwar nur 48,4% der Stimmen aber dennoch eine absolute Mandatsmehrheit.

1953 und 1959 erreichte die ÖVP zwar weniger Stimmen, aber auf Grund der Wahlarithmetik mehr Mandate als die SPÖ und stellte daher den Bundeskanzler. Und bei der Wahl 1999 erhielt Wolfgang Schüssel (ebenfalls ÖVP) zwar nur 26,9% der Stimmen und somit sogar nur den 3. Platz, wurde aber trotzdem Bundeskanzler.

Die wenigsten Stimmen bei einer Wahl erhielten die – zum Zeitpunkt der jeweiligen Wahl noch amtierenden – Kanzler Viktor Klima (1999: 1.5 Mio), Wolfgang Schüssel (2006: 1.616 Mio) und Franz Vranitzky (1994: 1.618 Mio).

In die Ära Vranitzky fallen dafür sowohl der kürzeste als auch der längste Zeitraum zwischen zwei Wahlen: von 1990–1994 lagen 1463 Tage, von1994-1995 nur 434 Tage zwischen zwei aufeinanderfolgenden Wahlterminen.

Schüssel musste bisher am längsten warten, bis er (nach einer Nationalratswahl) endlich als Bundeskanzler angelobt wurde, nämlich vom 3.10.1999 bis 4.2.2000, also 124 Tage; Gusenbauer immerhin auch noch 102 Tage (vom 1.10.2006 bis 11.1.2007). Der Wechsel von Kreisky zu Sinowatz ging da relativ schnell und es dauerte nur 30 Tage von der Wahl am 24.4.1983 bis zur Angelobung der Regierung Sinowatz am 24.5.1983.

Leopold Figl war der einzige Bundeskanzler, der nach der Beendigung seines Kanzleramtes wieder einer Regierung angehörte (als Außenminister). Wolfgang Schüssel und Alfons Gorbach sind die einzigen, die nach dem Bundeskanzler-Amt wieder für längere Zeit in den Nationalrat gingen.

Gorbach und Gusenbauer sind die einzigen Kanzler, die vor der „Chefposition“ kein anderes Regierungsamt als Minister oder Staatssekretär ausübten. Alle anderen waren zuvor Finanzminister, Außenminister, Wirtschafts- (Handels-, Verkehrs-)Minister oder Unterrichtsminister.

Viktor Klima war im zweiten Halbjahr 1998 für 184 Tage als Bundeskanzler auch Vorsitzender des Europäischen Rates; Wolfgang Schüssel vom Jänner bis Juni 2006. Da das erste Halbjahr aber etwas kürzer ist als das zweite, kam er nur auf 181 Tage Ratsvorsitz. Dafür war er ja bereits 1998 als Außenminister für 184 Tage Vorsitzender im Rat der Europäischen Union…

(Hinweis: Nicht berücksichtigt in diesen Aufzählungen wurde Karl Renner, der von April bis Dezember 1945 als Staatskanzler die provisorische Regierung Österreichs leitete).